Im Ernst? Ist es eine Nachricht wert, dass Rabatte Gewinne vernichten? Die Unternehmensberatung Kearney lässt über DER SPIEGEL den im Link genannten Artikel veröffentlichen. Darin wird die Binsenweisheit über den Zusammenhang von Preissenkungen und Gewinnvernichtung anhand einer vermeintlich neutralen Studie beleuchtet. In jeder Grundlagenvorlesung Marketing bzw. Mikroökonomie lernt ein Student die Preis- und Kreuzpreiselastizität kennen. Der von mir hochverehrte Hermann Simon hat hierzu für alle Interessierten zum nachschlagen die Anwendung in Marketing und Vertrieb sehr klar erforscht.
Die Studie von Kearney ist aus mehreren Punkten kritisch:
- Sie ist belanglos, da bereits hinreichend bekannt. Dass bei Events wie dem besagten #BlackFriday, die nicht allein zum Abbau von Lagerbeständen verwendet werden, wenn überhaupt nur der Endkunde gewinnt, wissen wir schon lange. Bei einem Projekt mit einem namhaften international führenden Elektronikhersteller hat mir das der Vertriebsleiter schon vor 7 Jahren bestätigt. Nur n=1? Nein, es bleibt eine Binsenweisheit, dass bei – wie kurz auch immer stattfindenden – Preiskriegen, und nichts anderes ist der Black Friday, nur der Endkunde gewinnt. Kleine Beispielrechnung: Bei 30% Gewinnmarge muss der Händler bei einer 10%-igen Senkung des Verkaufspreises seine verkaufte Menge um 50% steigern.
- Die tatsächlichen Rabatte sind gar nicht so hoch wie im Artikel angegeben. Erst vor kurzem hat iPN – idealo Private Network aus Echtdaten ermittelt, dass die tatsächlichen Nachlässe nur bei ca. 6% liegen, u.a. da die Hersteller vorher noch kurz die Preise anheben (s. 2. Link).
- Dass Kearney hier mit einem Anbieter von KI-Pricingsoftware 7Learnings eine Studie aus der Taufe hebt, die dann zufällig zu dem Schluss kommt, man solle doch lieber KI im Pricing einsetzen, nennt man hier im Ländle gelinde gesagt ‚Gschmäckle‘. Wissenschaftlich ist so etwas nicht haltbar. Bestenfalls ist es Werbung.
Das bedeutet nicht, dass KI nichts beitragen kann und auch nicht, dass, der Umgang mit Shopping-Events schwierig ist, aber für eine seriöse Unternehmensberatung wäre es doch angebracht, etwas neutraler und mit mehr Niveau an eine solche Studie zu gehen. Hierzu würde dann auch der Vertriebsaspekt zählen: u.a. Amazon und Co. setzen die Händler mächtig unter Druck, sich mit Rabatten zu beteiligen.
Preisevergleich Idealo Black Friday